Schnabels Signatur
(* 1692, † zwischen April 1744 und April 1748)

Johann Gottfried Schnabel hat »eines der wichtigsten Werke unserer Literatur« geschrieben (Arno Schmidt). Sein vierbändiger Roman Wunderliche FATA einiger See-Fahrer (1731–1743), besser bekannt als die Insel Felsenburg, gilt als ein Hauptwerk der Frühaufklärung in Deutschland.

Dennoch sind Schnabels Leben und Schaffen noch immer weithin unerforscht. Erst seit 1891 kennt man sein Geburtsdatum (den 7. November 1692) und den Geburtsort (Sandersdorf bei Bitterfeld). Sterbejahr und Sterbeort sind hingegen bis heute unbekannt; größere Teile seiner Vita, insbesondere seine letzten Jahre, liegen im Dunkeln.

Die literaturwissenschaftliche Forschung hat sich bisher vor allem mit der Bewertung und Interpretation der Insel Felsenburg beschäftigt. Schnabels weitere Romane – wobei mancher ihm zugeschriebene Titel längst nicht als sicher gilt –, seine Arbeit als literarischer Biograf und Historiograf, auch seine Tätigkeit als Stolberger Zeitungsredakteur wurden kaum oder nur erst im Ansatz untersucht.

Dabei macht gerade seine dreifache Betätigung – als Romancier, als Chronist und als Journalist – Johann Gottfried Schnabel zum lohnenden Gegenstand einer Forschung zur Frühaufklärung in Deutschland, die den Rahmen der einzelnen Fachdisziplinen sprengt und übergreifende Aspekte berücksichtigen muss.

Daten zu Vita und Bibliografie

»Der melancholische Chronist« (PDF)

Unentziffert

Über Schnabels Insel Felsenburg

… aus wenigen deutschen Büchern hat sich der Untertan mehr Trost geholt als eben aus dieser Insel Felsenburg! … Wer ein gültiges und dabei hinreißendes Vollbild der Jahre zwischen 1710 und 1730 zu sehen wünscht, der greife nicht nach noch so mühsam-sorgfältigen ›historischen Werken‹, sondern zu dieser lebendigsten Insel Felsenburg …

Arno Schmidt (1960)


Er (Olafur Karason) ahnte früh, daß nur in Büchern, und vor allem in den Felsenburggeschichten, der unerklärliche Trost zu finden sei, nach dem er sich sehnte, für den er jedoch keinen Namen hatte.

Halldór Laxness (1937/40)


In diesen Geschichten allein steckt ein ganzer Schatz von Beiträgen zur Sittengeschichte des deutschen Volkes, und es ist kaum zuviel gesagt, wenn man sie als Kabinettstücke volkstümlicher Erzählkunst bezeichnet.

Hermann Ullrich (1900)


Wir stehen nicht an, die Insel Felsenburg für eines der merkwürdigsten und wichtigsten Bücher des ganzen Zeitalters zu halten.

Hermann Hettner (1872)


Die Erzählung von der Insel Felsenburg tat auf Anton eine sehr starke Wirkung; denn nun gingen eine Zeitlang seine Ideen auf nichts Geringers, als einmal eine große Rolle in der Welt zu spielen …

Karl Philipp Moritz (1785/90)


Sein Leben ist weitgehend ungeklärt; der Mann, der den Deutschen eines ihrer liebsten und schönsten Nationalwerke schenkte, erhielt auch ihren üblichen Dank – man weiß nicht einmal, wann und wo er gestorben ist …

Arno Schmidt (1960)


In der originellsten der zahlreichen deutschen Nachahmungen von Defoes Robinson Crusoe (1719) verbindet sich das Motiv des Schiffbruchs auf einsamer Insel mit dem Thema der Staatsutopie.
Die eingestreuten Lebensläufe und Beichten der europäischen Inselbewohner … zeichnen ein düsteres, realistisch gestaltetes Bild der europäischen Gesellschaftsverhältnisse im 18. Jh.; dagegen steht das Bild einer idealen, bürgerlich-pietistisch geprägten Gesellschaft …

Manfred Pfister & Karl Reichert
in: Kindlers neues Literatur-Lexikon